Arbeitet nie! (Paperback)

Die Erfindung eines anderen Lebens - Chronik eines Verlags
ISBN/EAN: 9783960543176
Sprache: Deutsch
Umfang: 360 S.
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Eigentlich sollte die Revolution gemacht werden und nicht Lektorat, Vertrieb oder PR: Mehr zufällig als absichtsvoll sind Hanna Mittelstädt, Lutz Schulenburg und Pierre Gallissaires Anfang der 1970er Jahre in die Verlegerei eingestiegen. Zu ihrem Freiheitsbegriff gehörten damals die emanzipative Haltung des Nach-68er-Impulses und das Erkunden neuer Formen jenseits der »politischen Arbeit«, der »politischen Literatur«. Es ging um den Reichtum an Lust, Wissen, Autonomie. Zehn Jahre nach Lutz Schulenburgs plötzlichem Tod am 1. Mai 2013 blickt Hanna Mittelstädt zurück auf die ersten vierzig Jahre Nautilus und ruft in zahlreichen Dokumente und Fotos und Fundstücken aus der Verlagskorrespondenz von Weggefährten und Mitstreitern die Anfangszeit des Verlags wach. Sie erzählt von den Plattenaufnahmen der einzigen LP der Verlagsgeschichte, vom Rechtsstreit mit einem Satiremagazin um den Verlagsnamen, von Manuskriptbeschaffungen durch den Eisernen Vorhang und über Gefängnismauern hinweg, von zehrenden Streitigkeiten um Rechte und Geld, vom immer wieder kreisenden Pleitegeier, von persönlichen Zweifeln und schließlich vom märchenhaften Erfolg des Millionenbestsellers. Ein großer Haufen Bücher ist im Laufe dieses Abenteuers zusammengekommen, jedes Exemplar ist eine kleine Chance auf gesellschaftliche und individuelle Veränderung. Die Welt wäre besser, wenn sie alle gelesen worden wären.
Hanna Mittelstädt, geboren 1951 in Hamburg, wo sie weiterhin lebt. Mitgründerin und 45 Jahre lang Mitleiterin der Edition Nautilus. Lektorin, Herausgeberin, Co-Übersetzerin aus dem Französischen, Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt 'Blu - Lovestory' (Konkursbuch Verlag 2021). Nach dem Ausscheiden aus dem Verlag 2016 diverse Projekte im Umfeld des Verlags (Franz Jung, Arthur Cravan, Francis Picabia, Emma Goldman).
Wie sehr wir uns bemühten, echte Revolutionäre zu sein, das heißt klar in der Beurteilung der gesellschaftlichen Verhältnisse, radikal in der persönlichen und kollektiven Haltung, schonungslos gegenüber anderen, aber auch gegenüber uns selbst. In einigen Ordnern der Marke Korona finde ich einen Großteil der Korrespondenz, unter uns und in die Welt hinein. All den Freundinnen und Freunden, die uns über den Weg gelaufen sind, sind wir in einer intensiven Zeitspanne begegnet, wir haben gemeinsam gesucht, gestritten, geliebt, und das alles unter einem ungeheuren Anspruch auf Kohärenz, einem ungeheuren Druck. Der Findungsprozess bezog sich auf unser gesamtes Leben: auf unsere Emotionen, auf eine uns entsprechende radikale Theorie und Praxis, gegen jeden Reformismus, gegen das Kleine Glück von konventionellen Beziehungen, gegen andere politische Gruppierungen, die der radikalen Kritik nicht standhielten, gegen die Guerillaformation, die das Spiel und die Freiheit nur in einem sehr begrenzten Rahmen zuließen, bevor sich die schweren Tore schlossen oder die Illegalität einen verheizte das glück war da das risiko / der überfluss der traum und seine wirklichkeiten schwarze blüten von neuem